Die Ausstellung Entdeckung Korea! Schätze aus deutschen Museen präsentiert erstmalig eine Auswahl von rund 100 Objekten aus den bedeutendsten, insgesamt mehr als 6000 Stücke umfassenden Sammlungen koreanischer Kunst und Kultur in Deutschland. Die Ausstellung gibt Einblick in die Vielfalt und die unverwechselbare Tradition koreanischer Kunst. Neben Beispielen der Seladonkeramik und der buddhistischer Malerei der Goryeo-Dynastie (918-1392) umfasst sie Beispiele der konfuzianisch geprägten Malerei der Joseon-Dynastie (1392-1910), außerdem Objekte der monumentalen, farbenfrohen schamanischen und volksreligiösen Kunst. Im Museum für Ostasiatische Kunst in Köln wird diese Auswahl im Bereich der Keramik und der buddhistischen Malerei durch weitere Kunstwerke ergänzt.
Entdeckung Korea! beleuchtet die Entstehung und die Geschichte der deutschen Sammlungen koreanischer Kunst. Diese begann Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, als deutsche Diplomaten und Kunstsammler, aber auch Missionare und Forscher nach Korea aufbrachen, um die Kultur dieses über Jahrhunderte verschlossenen Landes zu erforschen. Sie trugen Sammlungen zusammen, die entweder durch das Kunstverständnis des frühen 20. Jahrhunderts oder völkerkundliche und kunsthandwerkliche Interessen geprägt waren. Während die Ausstellung eine Wertschätzung der Objekte nach Themen und Gattungen ermöglicht, geben die Katalogessays Einblick in die Sammlungsgeschichte der jeweiligen Museen und die Geschichte der koreanisch-deutschen Beziehungen in Kultur und Politik. Das Museum für Ostasiatische Kunst hat darüber hinaus dank der Leihgaben des Museum Ludwig die einmalige Chance den Bogen bis in die Gegenwart zu spannen und als Ergänzung wichtige Werke des lange Jahre im Rheinland tätigen koreanischen Video-Künstlers Nam Jun Paik (1932-2006) zu zeigen.
Nach ihrer ersten Station in Köln wird die Ausstellung jeweils mit anderen Schwerpunkten 2012 und 2013 im Grassi Museum in Leipzig, im Museum für Angewandte Kunst in Frankfurt und im Linden Museum Stuttgart gezeigt werden.
Entdeckung Korea! Schätze aus deutschen Museen wurde durch die Initiative und die großzügige finanzielle Unterstützung der Korea Foundation ermöglicht.
Herzlicher Dank gilt dem Linden Museum Stuttgart, insbesondere Uta Werlich, die die Ausstellungsvorbreitungen unterstützte und gemeinsam mit Maya Stiller (UCLA, University of California, Los Angeles) den deutsch-englischen Katalog redigierte. Ken Voss war für die Auswahl der Objekte verantwortlich; Maya Stiller begleitete die Vorbereitungen der Ausstellung fachlich und war beratend tätig. Ohne die Bereitschaft der teilnehmenden neun deutschen Museen, ihre Kunstschätze für diese Ausstellung zur Verfügung zu stellen, wäre das Projekt nicht realisierbar gewesen. Allen Leihgebern gebührt großer Dank. Das Museum für Ostasiatische Kunst ist außerdem dem Museum Ludwig für seine fachkundige und unbürokratische Hilfe bei der Vorbereitung der Leihgaben der Werke Nam Jun Paiks zu herzlichem Dank verpflichtet.
Die animistische Religion des Schamanismus (Mugyeo) lässt sich auf der koreanischen Halbinsel bis in die frühe Bronzezeit archäologisch nachweisen. Wie das koreanische Geschichtswerk, das Samguk Yusa, zu berichten weiß, wurden schon in der Periode vor der Zeit der Drei Königreiche (1. Jh.v. Chr. -3. Jh. n. Chr.) durch die Könige, die zugleich als Priester fungierten, schamanische Opferrituale abgehalten. Die hohe Bedeutung des Schamanismus in Korea ist an den aus getriebenem Goldblech aufwendig gefertigten Kronen erkennbar, die neben zahlreichen C-förmigen Jadeanhängern und Goldpailletten auch geweihähnliche, von nordasiatischen Priesterkronen hergeleitete Aufsätze trugen. Obwohl der Buddhismus 527 n. Chr. von König Pophung offiziell als Staatsreligion anerkannt wurde, führten die koreanischen Könige bis ins 10. Jh. noch schamanische Opferrituale durch. Dass sich seit dem Vereinigten Silla-Reich (668-918) der Buddhismus teilweise mit dem Schamanismus verband, lässt sich auch an der "Ideologie der Blumenjunker" (hwarangdo) ablesen, die die jungen Adeligen geistig und militärisch schulte und sowohl buddhistische als auch schamanische Elemente beinhaltete.
Erste Hinweis auf bildliche Darstellungen schamanischer Gottheiten finden sich in dem Goryeo-zeitlichen Text "Die gesammelten Werke des Ministers Yi des Östlichen Landes", in dem von einer tanzenden Schamanin berichtet wird, die in ihrem Haus einen Altar umgeben von gemalten Gottheiten errichtete. Während der Choseon-Dynastie (1392-1910) wurde der auch von Frauen ausgeübte Schamanismus offiziell verfolgt, da man die Musik und den Tanz, der von Teilnehmern beiderlei Geschlechts ausgeübt wurde, für sittenwidrig hielt.
Dennoch haben sich die schamanischen Rituale, bei denen meist weibliche Priesterinnen (mudang) in Trance den Kontakt zur Geisterwelt aufnehmen, bis heute erhalten. In diesen Ritualen sollen die Geister Kontakt mit den Klienten aufnehmen, für Glück sorgen, oder Krankheiten heilen. Neben dem tranceähnlichen Tanz, Musik und Opfergaben bedienen sich die in bunte Gewänder gekleideten Schamaninnen auch der Hilfe von bildlich dargestellten Schutzgottheiten. Zu diesen zählt der Berggott Sansin, die Gottheiten Sonne und Mond, aber auch der buddhistische Wächtergott Witae sowie Buddhas und Bodhisattvas.
Der Buddhismus gelangte über China nach Korea und wurde laut schriftlicher Überlieferung im Jahr 372 in Goguryeo (37 v. Chr. - 668 n. Chr.), dem nördlichsten der damaligen Drei Königreiche, eingeführt. Im Jahr 384 ist der Buddhismus auch in dem südwestlich auf der koreanischen Halbinsel gelegenen Staat Baekje (18 v. Chr. - 660 n. Chr.) bezeugt und erst 528 findet er schließlich im südöstlichen Königreich Silla (57 v. Chr. - 668) Verbreitung. Mit der Eroberung der gesamten Halbinsel und der Einigung des Landes unter dem Vereinigten Silla-Reich (668-918) setzte sich die fremde Religion mehr und mehr unter Einbindung des Schamanismus durch und hinterließ besonders in der südöstlich gelegenen Hauptstadt Gyeongju eindrucksvolle Zeugnisse königlicher Unterstützung. Während dieser Zeit und in der darauf folgenden Goryeo-Dynastie (918-1392) hatte der Buddhismus eine staatstragende und –schützende Funktion. Er erlebte eine große Blüte.
Davon zeugen die ästhetischen Formen der teilweise von buddhistischen Metallgefäßen inspirierten Seladon-Keramiken ebenso wie die detailreichen, mit Gold auf feiner Seide gemalten buddhistischen Hängerollen. Es existieren zahlreiche Darstellungen des Bodhisattva Avalokitesvara auf dem Berg Potalaka, den Knaben Sudhana auf dem Weg zur Erleuchtung empfangend. Er gehörte zur religiösen Richtung des Avatamsaka- oder Blumengirlanden Sutras (Hwaeomgyo), in welchem der universale, alle Gegensätze in sich vereinende Buddha Vairocana den Vorsitz führt.
Während der Joseon-Dynastie (1392-1910) wurde der von China übernommene Neo-Konfuzianismus am Hofe zur Staatsdoktrin erhoben. Der Buddhismus verlor an Einfluss und wurde zunehmend in die Privatsphäre zurückgedrängt. Der Rückgang des staatlichen Mäzenatentums lässt sich an den einfachen, mit opaken, bunten Farben auf Hanf gemalten Hängerollen ablesen, aber auch an dem Bedeutungszuwachs volksreligiöser Gottheiten wie dem schamanischen Berggott Sansin. Zahlreiche Zeremonien waren den Verstorbenen gewidmet, die nach ihrem Tod bis zu ihrer Wiedergeburt zehn buddhistische Höllen zu durchlaufen hatten. Bilder der Zehn Höllenkönige oder des Wasser-Land-Rituals zur Speisung der Seelen aller verstorbenen Lebewesen wurden für die buddhistischen Tempelhallen gestiftet.
Bis heute existiert neben diesen volksreligiösen Strömungen auch die bereits während der Goryeo-Dynastie entstandene Meditationsschule (son). Diese Richtung wird von dem Chogye-Orden gepflegt, einer der wenigen buddhistischen Kirchen, die sich gegenüber dem heute in Korea bedeutenden Christentum behauptet hat.
Während der Goryeo-Dynastie (918-1392) wurde der Buddhismus vom koreanischen Königshaus und Adel gefördert. Dagegen wandten sich zum Ende der Dynastie mehr und mehr Beamte und gebildete Literaten (sadaebu) von diesem ab. Sie orientierten sich stattdessen am chinesischen Vorbild der Song-Dynastie (960-1279) und übernahmen konfuzianische Ideen, um den Ursprung des Menschen und des Universums, aber auch das Ideal einer harmonischen gesell-schaftlichen Ordnung zu erklären. Die Ansichten der Neo-Konfuzianer der Joseon-Dynastie (1392-1910) in Bezug auf Familie und Gesellschaft fußten auf den von dem chinesischen Philosophen Zhu Xi (1130-1200) formulierten "Familienregeln der Familie Zhu". Zentrale Prinzipien konfuzianischer Sozialethik waren Loyalität des Untertan gegenüber dem Herrscher, Kindespietät des Sohnes gegenüber den Eltern, Unterordnung der Frau gegenüber dem Mann usw. Die Militär- und Zivilbeamten (yangban), die den alten Adel abgelöst hatten und sich aus den freien Bürgern des Landes rekrutierten, bildeten die neue Elite der Dynastie. Im frühen 15. Jahrhundert entwickelte sich Bildung zunehmend zu einem Mittel sozialen Aufstiegs. In dieser Atmosphäre fand auch die Erfindung der koreanischen Silbenschrift (hangul) statt, die nicht mehr auf der chinesischen Zeichenschrift fußte, sondern die koreanische Umgangssprache durch eine Lautschrift wiedergab. Die durch chinesische Vorbilder angeregten, in Tusche ausgeführten Darstellungen von Bambus, Landschaften und literarischen Themen dienten als Schmuck des Studierzimmers der gebildeten Literaten. Auch die reinweißen Porzellane, die im Alltag vor allem für die Ahnenverehrung Verwendung fanden, reflektierten die bevorzugte Schlichtheit konfuzianischer Ästhetik.
Die Invasionen des japanischen Machthabers Toyotomi Hideoshi im späten 16. Jahrhundert ebenso wie die Angriffe der mandschurischen Qing-Dynastie (1644-1911), die China beherrschte, verursachten durch große Zerstörungen und Verluste eine Zäsur in der Geschichte der Joseon-Dynastie. Im 18. und 19. Jh. erstarkten Gruppen regierungsferner Literaten, die an einer Reform der konfuzianischen Normen interessiert waren und sich dabei auf die eigene koreanische Tradition, Geschichte und Geographie (silhak) zurückbesannen. Diese Entwicklung beflügelte ab dem 18. Jahrhundert nicht nur das Interesse an der Wiedergabe der einheimischen Landschaft in der Malerei, sondern auch an der systematischen Darstellung Koreas auf Landkarten.
Nam Jun Paik (1932-2006), der Pionier der Videokunst, kam Ende der 1950er Jahre als Musiker und Komponist ins Rheinland, wo er bei Karlheinz Stockhausen (1928-2007) in Köln studierte. Dessen kreativer Umgang mit den neuen elektronischen Möglichkeiten in der Musik faszinierte Paik. Auch der Ansatz von John Cage (1912-1992), Kunstproduktion benötige keinen Autor mehr, da sie dem Alltag und Zufall überlassen sei, inspirierte Paik. Er schätzte John Cage und integrierte ihn mehrfach in sein Werk.
Nam Jun Paik verwirklichte in den 1960er Jahren als Mitglied der Fluxus-Bewegung, die den herkömmlichen Kunstbegriff negierte und allein in der Idee selbst den Kern der Kunst sah, zahlreiche musikalische Performances. So zum Beispiel 1965 das "24-Stunden-Happening" in der Galerie Parnass in Wuppertal mit Charlotte Moorman (1933-1991) und anderen Künstlern.
Die Cellistin entkleidete sich und fiel schließlich in Klarsichtfolie gewandet auf der Bühne in tiefen Schlaf. In den späten 1960er Jahren begann Paik mit TV-Geräten zu experimentieren, indem er die unterschiedlichsten Fernseh-Bilder komponierte und elektronisch verfremdete.
Von 1979 bis 1996 war Paik Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie, lebte aber überwiegend in New York. Obwohl er 1996 einen Schlaganfall erlitten hatte, arbeitete er weiter mit Hilfe seiner Assistenten und wurde 2000 durch eine große Retrospektive seines Werkes im Guggenheim Museum in New York gewürdigt. Nam Jun Paik verstarb 2006 in Miami, Florida.
1973 entstand die Videocollage oder musikalische Komposition "Global Groove". Tanzszenen, synthetisch künstliche Einstellungen aber auch Fernsehwerbung werden darin durch einen Videosynthesizer elektronisch verzerrt und interpretieren die dazu erklingende Musik visuell. Paik kontrastierte in Global Groove auch östliche und westliche Tanz- und Musikszenen im Sinne Marshal McLuhans (1911-1980) als "globalen Rhythmus" der Moderne. In diesem Video ging es Paik um das Medium selbst und um die Demonstration der Macht der Bilderflut.