Die „Wartende Säule“ des Künstlers David Semper wurde im August 2023 auf dem Platz in der Naumannsiedlung in Köln Riehl errichtet. Das Kunstwerk ist dem Architekten Manuel Manfred Faber gewidmet. Er wurde am 26. Oktober 1879 in Karlsruhe geboren und 1944 im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz ermordet. Hier finden Sie Hintergrundinformationen, die Sie auch vor Ort über einen QR-Code abrufen können.
Den Entwurf zu der 450 Wohnungen umfassenden Naumannsiedlung erarbeitete Manfred Faber gemeinsam mit den Architekten Fritz Fuß und Otto Schreib.
Die Siedlung sollte einkommensschwachen Kölner*innen zugutekommen, für die das Kölner Wohnungsamt preiswerte und einfache Wohnungen beschaffen musste. In diese Wohnungen zogen vor allem Arbeiterfamilien mit Kindern ein.
Der Bau von modernem und günstigem Wohnraum für Arbeiter- und Angestelltenfamilien spielte in Manfred Fabers Oeuvre eine zentrale Rolle. Als einer der wichtigsten Architekten der Wohnungsbaugesellschaft GAG war er darauf bedacht, auch mit einfachen Mitteln ein individuelles und lebenswertes Wohnumfeld zu gestalten. Die Bedeutung, die Manfred Faber der architektonischen Gestaltung günstiger Kleinwohnungen für das Wohlbefinden der Bewohner*innen beimaß, zeigt sich in dem Zitat auf der Bodenplatte des Kunstwerks. Dieses ist einer Flugschrift von 1918 entnommen, in der er sich den Voraussetzungen für eine angemessene und gesunde Unterbringung einkommensschwacher Familien widmete.
… dass sich der Architekt mit Lust und Liebe der Sache annimmt…
… nur auf diese Weise kann etwas geschaffen werden, was ästhetisch und künstlerisch befriedigt…
… die Freude am Leben wird hierdurch gehoben und ein gesunder Menschenschlag kann sich entwickeln…
Der Name der in den Jahren 1927 bis 1929 von der Gemeinnützigen Aktiengesellschaft für Wohnungsbau (GAG) errichteten Wohnsiedlung geht zurück auf den Ornithologen Johann Friedrich Naumann (1780-1857). Im Volksmund wird der in der Siedlung gelegene, namenslose Platz an der Naumannstraße „Naumannplatz“ genannt.
Im Jahre 1995 wurde die Anlage als bedeutendes Beispiel für den Siedlungsbau in der Weimarer Republik unter Denkmalschutz gestellt. Zwischen 2008 und 2020 wurde die mehrfach ausgezeichnete Siedlung (Architektur und Denkmalschutz) komplett saniert, behutsam erweitert und die Fassaden äußerlich dem Ursprungszustand angeglichen.
Manfred Faber und sein Wirken in Köln gerieten jedoch für Jahrzehnte in Vergessenheit. Erst durch das Engagement der heutigen Bewohner*innen der Nauman-Siedlung und daraus resultierenden Initiativen der Bezirksvertretung Nippes und der GAG wird er letztendlich als federführender Architekt der Naumann-Siedlung am Ort seines Schaffens gewürdigt.
Im Auftrag der Bezirksvertretung Nippes wurde der vormals als Parkplatz genutzte „Naumannplatz“ sukzessive zu einem Quartiersplatz mit Aufenthaltsqualität umgestaltet. Im Zuge dessen führte das Stadtplanungsamt der Stadt Köln eine Öffentlichkeitsbeteiligung durch, auf deren Grundlage Entwürfe zur Umgestaltung inklusive einer Boulebahn und Sitzgelegenheiten erarbeitet wurden. Eine entsprechende Beschlussfassung durch die Bezirksvertretung Nippes fand im Juni 2022 statt.
Im Ergebnis wurde der Naumannplatz 2021 autofrei. Aus dem ehemals „wilden Parkplatz“ wurde ein Platz zum Verweilen und Erinnern.
Beschluss vom 29. April 2021: Auftrag zur Umgestaltung des Platzes in der Naumannsiedlung.
Beschluss vom 29. April 2021 zur Errichtung eines Denkmals auf dem Naumannplatz in Köln-Riehl
Beschluss vom 28. April 2022: Einrichtung eines Beirates und Verabschiedung einer Geschäftsordnung.
Beschluss vom 9. Juni 2022 über die generelle Gestaltung des Naumannplatzes sowie der Entwurfsplan der Stadt Köln des Platzes in der Naumannsiedlung
David Semper (geb. 1980) ist ein Künstler, Steinmetz und Steinbildhauer aus Neuss.
Eine hexagonale Säule aus Belgisch Granit mit einer kegelförmigen Spitze liegt angelehnt an einen Quader aus Basaltlava. Nahe der Säule ist eine Steinplatte aus Belgisch Granit flächenbündig im Boden eingelassen. Darauf sind ein Text, eine Zeichnung und ein Schnitt tief eingraviert. Bei der Zeichnung handelt es sich um eine Draufsicht der Naumannsiedlung. Davon ausgehend zeigt der Schnitt in Richtung Auschwitz.
Nach mehrheitlicher Auffassung der Jury hat David Semper mit seinem Entwurf eine herausragende Lösung für die Verknüpfung der besonderen Architektur Manfred Fabers, seines Lebens sowie seines gewaltsamen Todes im Holocaust gefunden. Dem Künstler sei es gelungen, auf subtile Weise Leben und Werk in einer geometrischen Formensprache darzustellen, ohne in eine Konkurrenz zu der herausragenden Architektur, die Manfred Faber selber ehrt, zu treten. Zudem spreche das Kunstwerk verschiedene Sinne an, lade zum Verweilen und zur Kommunikation ein.
Ingrid Blom-Böer (Hg.): Manfred Faber Architekt. Spuren eines Menschen 1879-1944, Köln 2023 (Köln, Eigenverlag 2023).
Billige Kleinwohnungen: Ein Vorschlag von Manfred Faber. Flugschrift, 1918.
Naumannsiedlung: Geschichte fortschreiben. Informationen der GAG Immobilien AG: https://www.gag-koeln.de/die-gag/wohnen-mit-der-gag/unsere-objekte/wohnfuhlobjekte/naumannsiedlung/ sowie https://www.gag-koeln.de/2021/10/gedenken-an-manfred-faber/.
Die Website naumann-nachbarn-riehl.de wird betrieben von einer ehrenamtlichen Initiative von Bewohner*innen und Bürger*innen aus Riehl.
Hagspiel, Wolfram: Köln und seine jüdischen Architekten, Köln: Bachem 2010, ISBN: 978-3-7616-2294-0.
Mainzer, Udo: Kleine illustrierte Architekturgeschichte der Stadt Köln, Köln: Bachem 2017, S. 142-157, ISBN: 978-3-7616-3108-9.
GAG Immobilien AG: Großstadt in der Großstadt: 100 Jahre GAG in Köln, Köln: Bachem 2013, S. 22-169, ISBN: 978-3-7616-2582-8.
Krings, Ulrich, Das Gesicht einer modernen Großstadt. Stadtentwicklung und Architektur, in: Petra Hesse (Hg.): Köln 1914. Metropole im Westen, Köln: Bachem 2014, S. 90-97, ISBN: 978-3-7616-2867-6.
Wagner, Rita: Konrad der Große. Die Adenauerzeit in Köln 1917 bis 1933, Mainz am Rhein: Nünnerich-Asmus 2017, ISBN: 978-3-96176-006-0.
Matzerath, Horst: Köln in der Zeit des Nationalsozialismus, Geschichte der Stadt Köln, Bd. 12, Köln: Greven 2009, ISBN: 978-3-7743-0429-1; 978-3-7743-0430-7.