So wenig, wie es „die“ Hitlerjugend gab, so wenig gab es in ihren Einheiten einen normierten Alltag. Allen Bestrebungen der Reichsjugendführung, sämtliche Bereiche streng und allgemeingültig zu reglementieren, blieb die Realität an der Basis von großen Unterschieden und oft auch Unzulänglichkeiten geprägt.
Die Ausgestaltung des „Diensts“ oder der Heime hing von zahlreichen Faktoren ab. Entsprechend unterschiedlich fallen die Erinnerungen der Zeitzeugen aus. Die Breite der Schilderungen und Urteile lässt erahnen, wie vielfältig der Alltag in den kleinen Einheiten der Hitlerjugend sein konnte.
Inhalt
Über dieses Thema
Dienst
09:11 Min.
Heimabende
08:45 Min.
Heime
05:19 Min.
Uniform
02:53 Min.
„Antreten“, Exerzieren, Geländespiele
10:17 Min.
Der zentrale Begriff für sämtliche Aktivitäten der Hitlerjugend war der „Dienst“. Zu ihm zählte praktisch alles: vom „Heimabend“ am Mittwoch über das „Antreten“ am Samstag bis zu Sammlungen, Fahrten, Lagern oder der Teilnahme an Großveranstaltungen. Ob die Jugendlichen gern am „Dienst“ teilnahmen, hing von den Führern ab. Waren sie gut vorbereitet, kamen oft alle; war der „Dienst“ langweilig, wurde häufig „geschwänzt“.
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Die Heimnachmittage und Heimabende sollten in erster Linie der „weltanschaulichen Schulung“ dienen. Hier wurde – oft nach Vorgaben der Reichsjugendführung – gesungen, vorgelesen und gebastelt. Wie intensiv ideologische Inhalte dann aber tatsächlich vermittelt wurden, hing von der Motivation und Überzeugung der einzelnen Führer ab. Manche nutzen die Treffen zur massiven Indoktrination, andere veranstalteten vor allem Spiele, weil sie mit den Vorgaben selbst wenig anzufangen wussten.
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An brauchbaren Heimen bestand großer Mangel. Dringend notwendige Neubauten wurden viel zu wenige errichtet. Meist mussten sich die Jugendlichen in Provisorien einrichten. Als häufigste Lösung blieb insbesondere in kleineren Orten nur die ungeliebte Nutzung von Klassenzimmern. Weil die natürlich weiterhin auch für den Schulunterricht genutzt wurden, durften sie nicht nach jugendlichen Vorstellungen ausgeschmückt werden.
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In der Hitlerjugend gab es genaue Vorschriften zur Uniformierung, um so ein einheitliches Erscheinungsbild zu gewährleisten. Uniform, Schnüre und Abzeichen demonstrierten zugleich den streng hierarchischen Aufbau der Hitlerjugend und den Status ihrer Träger. Die Uniform musste von den Mitgliedern selbst angeschafft werden. Wenn den Eltern das Geld oder die Bereitschaft zum Kauf fehlte, konnten die Jugendlichen zwar am „Dienst“ teilnehmen, bekamen aber das Gefühl vermittelt, nicht richtig dazuzugehören. Eine vollständige Uniform und erst recht die vielfältigen Rang- und Leistungsabzeichen verliehen ihren Trägern häufig einen besonderen Stolz.
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„Ordnungsübungen“ mit „Antreten“ und Marschieren nach Kommando sowie Sport und Geländespiele waren insbesondere bei den Jungen ein zentraler Bestandteil des „Diensts“. Während die „Ordnungsübungen“ von vielen als schikanös, ermüdend und langweilig empfunden wurden, gingen die Meinungen bei den Geländespielen auseinander: Die einen fanden die Prügeleien fürchterlich, die anderen schätzten das Kräftemessen und die Abenteuerlichkeit des Anschleichens und Tarnens.
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