Widerspruch gegen den Nationalsozialismus erhob sich selten. Zustimmung oder Anpassung waren der Normalfall. Aktiven Widerstand leistete lediglich eine kleine Minderheit, die außerdem in sich stark zersplittert war. Bis 1936/37 hatte das NS-Regime den organisierten Widerstand zerschlagen. Erst in der Schlussphase des Weltkrieges fanden sich wieder Menschen aus sehr verschiedenen sozialen Schichten und unterschiedlichen politischen Gruppen zusammen, um gemeinsam gegen das NS-Regime vorzugehen.
Trotz aller Propaganda und aller Gewaltmaßnahmen gelang es dem Nationalsozialismus nicht, jedes abweichende, vom Regime nicht gewünschte Verhalten auszuschließen. Oppositionelles Verhalten konnte sich in unterschiedlicher Ausdrucksform und Intensität zeigen. Es reichte von einer einzelnen Handlung – etwa einer kritischen Äußerung oder dem Erzählen eines politischen Witzes – über die Nichtbefolgung von Anordnungen oder die öffentliche Ablehnung von Maßnahmen bis hin zu einem systematischen, aktiven Widerstand.
Aktiver Widerstand konnte in der Verteidigung von individuellen oder von speziellen Gruppeninteressen bestehen oder allgemeiner die Durchsetzung der Menschenrechte für die gesamte Gesellschaft fordern, er konnte sich auf partielle Veränderungen des Systems richten oder sich den Sturz der nationalsozialistischen Regierung zum Ziel setzen.
Opposition und Widerstand waren auch in Köln wenig aus geprägt. Die Personen und Gruppierungen, die Widerstand leisteten, fanden kaum Unterstützung in der Bevölkerung. Eine ernsthafte Bedrohung der NS-Herrschaft in Köln bedeutete ihre Tätigkeit daher nicht.
Die konkrete Widerstandsarbeit der einzelnen Organisationen war sehr ähnlich: Um die Gefahr der Enttarnung gering zu halten, arbeitete man in kleinen Gruppen von nur wenigen Personen zusammen, die sich unter großem Risiko zur Planung und Durchführung von Aktionen trafen. Auf einfachen Vervielfältigungsmaschinen wurden Flugblätter, Zeitungen und Tarnschriften hergestellt, aus dem Ausland schleuste man illegales Material ein, anonyme Streuzettel wurden in der Stadt verbreitet, an Häuserwänden antinazistische Parolen angebracht.
Ein allgemeiner Zusammenschluss der verschiedenen Widerstandsbewegungen und Widerstandsgruppen kam auch in Köln nicht zustande. Unterschiedliche Interessen und Zielsetzungen, Gruppenidentitäten und traditionelle Abgrenzungen verhinderten eine Verständigung und die Durchführung gemeinsamer Aktionen.
Trotz Druck und Überwachung gab es immer wieder Menschen, die ihre Ablehnung des Regimes deutlich zeigten, verfolgten Menschen in Not halfen und Zivilcourage auf brachten. Viele handelten dabei mit einem bemerkenswerten Mut. Sie schreckten vor persönlichen Konsequenzen nicht zurück, auch wenn ihr Verhalten nicht einen Widerstand im engeren Sinne darstellte. Es entsprach dem Unrechtscharakter des NS-Regimes, dass die Folgen solchen Handelns unberechenbar waren: Auch nicht konformes und abweichendes Verhalten konnte Gestapo-Haft oder Konzentrationslager bedeuten, blieb aber häufig auch ohne existenzbedrohende Folgen.
Der Terror der Nationalsozialisten traf die KPD zuerst und am heftigsten. Bereits im Februar und März 1933 waren ihre Führer verhaftet, ein Teil der Organisationsstrukturen mit größter Brutalität zerschlagen. Da die KPD bereits vor 1933 Vorbereitungen für die Illegalität getroffen hatte, war sie auf eine Arbeit im Untergrund eingestellt. Der Härte der Verfolgung waren jedoch weder diese Vorbereitungen noch die wiederholten Versuche eines Wiederaufbaus der Strukturen gewachsen, da es der Gestapo immer wieder gelang, die vom kommunistischen Widerstand neuerrichteten Organisationen aufzuspüren und zu zerstören. Massenverhaftungen von Kommunisten waren keine Seltenheit, und die Zahl der Prozesse, die als Schauprozesse geführt wurden, war hoch. Hunderte von Kölner Kommunistinnen und Kommunisten flüchteten ins Ausland, Hunderte wurden vor Gericht gestellt und verurteilt. 134 der bisher bekannten 183 Prozesse, die in der Zeit von 1934 bis 1938 gegen Kölner Widerstandskämpfer geführt wurden, betrafen Mitglieder der KPD. Unter allen Widerstandsgruppen forderte der Widerstand der KPD die meisten Opfer. (Foto: VVN-Archiv / Walter Kuchta)
Die SPD war 1933 nicht auf die Illegalität vorbereitet. Unter dem unerwarteten Terror des NS-Regimes gegen die SPD brach die sozialdemokratische Organisation auch in Köln schnell und fast kampflos zusammen. Während eine Reihe der exponierten SPD-Mitglieder ins Exil ging, zog sich die Mehrheit in ein politisch unauffälliges Leben zurück, wobei ein Teil auch versuchte, durch informelle oder konspirative Kontakte in Nachbarschaften und Vereinen eine Gesinnungsgemeinschaft aufrechtzuerhalten. Kleinere Gruppen von SPD- und Gewerkschaftsmitgliedern leisteten darüber hinaus aktiven Widerstand, der jedoch bereits im Juni 1935 zerschlagen wurde.
Diesem sozialdemokratischen Widerstand in Köln kam wegen der Grenznähe der Stadt eine Schlüsselstellung zu, da er Verbindungen zwischen einem in Belgien bestehenden Grenzsekretariat des Exilparteivorstandes (Sopade) und den im Widerstand aktiven Sozialdemokraten im Reich herstellte. Eine Gruppe um Franz Bott, Hein Hamacher und Willi Schirrmacher nahm diese Aufgabe wahr. Sie schleuste im Ausland erschienene Tarnschriften und Broschüren ein, verteilte sie in Köln und leitete sie weiter. Umgekehrt lieferte sie politische Lageberichte an das Grenzsekretariat in Belgien.
Während der Weimarer Republik waren außerhalb der großen Linksparteien eine ganze Reihe linkssozialistischer und kommunistischer Gruppen entstanden, so hatte sich die Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) von der SPD und die Kommunistische Opposition (KPD-O) von der KPD abgespalten. Anders als die Führungen von SPD und KPD schätzten diese Gruppierungen Zielsetzung und rigorosen Machtwillen der Nationalsozialisten realistischer ein, sodass sie schon Ende der Weimarer Republik, allerdings vergeblich, auf die Bildung einer »antifaschistischen Einheitsfront « drängten. Auch nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus versuchten sie, die Zersplitterung des Widerstandes zu überwinden und eine Zusammenarbeit der verschiedenen Widerstandsgruppen zu erreichen.
Gerade diese relativ kleinen, oft nur wenige Personen umfassenden oppositionellen Gruppen in Köln waren von Bedeutung, da sie Widerstand gegen das Regime demonstrierten, zur Verbreitung oppositioneller Meinungen beitrugen und Verbindungen zwischen Einzelnen und Gruppen herstellten. Auch ihre Netzwerke wurden von der Gestapo meist schon nach kurzer Zeit zerschlagen, die Mitglieder verhaftet, deportiert und ermordet.
Eine kleine Gruppe von Anhängern der Anarcho-Syndikalisten – einer Richtung, die vor allem durch eine kompromisslose Ablehnung des Militarismus geprägt war – hatte sich in Köln um das Ehepaar Saballa gebildet. Das Ehepaar hielt Kontakt zu anderen Gruppen im Rheinland und verteilte in Amsterdam hergestellte Widerstandsschriften. Hans Saballa wurde im Februar 1938 zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Er starb an den Folgen der Haft.
Der Internationale Sozialistische Kampfbund (ISK) war eine kleine, im Reich aus ca. 200 Mitgliedern bestehende Kaderorganisation, die einen ethischen Sozialismus mit hohen persönlichen Anforderungen an den Einzelnen vertrat. Die Kölner ISK-Gruppe umfasste 1933 nicht mehr als 10–15 Personen, denen es über einige Jahre hinweg gelang, Flugblätter und Rundschreiben zu verbreiten und einzelne Kontakte ins Ausland zu unterhalten.
Die katholische Amtskirche suchte nach dem Konkordatsabschluss Mitte 1933 zunächst Freiräume innerhalb des NS-Systems zu erhalten. Ihre Anpassungsbereitschaft ließ erst nach, als die Angriffe auf die katholische Kirche ab 1934 zunahmen. Nachdem schließlich mehrere Polizeiverordnungen den Aktionsbereich der Kirche auf den rein kirchlich- religiösen Raum eingeschränkt hatten, reagierten viele Gläubige mit Formen der Verweigerung und des Protestes. Vor allem mit der Teilnahme an kirchlichen Massenveranstaltungen wie Gottesdiensten im Dom, Prozessionen und Wallfahrten unterstrichen Katholiken, dass sie sich der nationalsozialistischen Gleichschaltung nicht vollends unterordneten. Nur wenige Katholiken allerdings leisteten aktiven Widerstand.
Zu diesen wenigen Aktiven in Köln gehörten insbesondere einzelne Geistliche sowie Laienfunktionäre der katholischen Arbeiterbewegung und der Kolpingfamilie.
Mitte der 1930er Jahre fanden im Kettelerhaus, später auch im Kolpinghaus in der Breite Straße, konspirative Treffen statt. Die Mitglieder dieser Treffen standen in Verbindung mit dem Widerstandskreis, der das Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 vorbereitete. Im Rahmen der sogenannten Aktion »Gewitter« wurden die meisten Mitglieder des Kreises im August 1944 von der Gestapo verhaftet und zunächst in der Deutzer Messe oder im EL-DE-Haus inhaftiert. Einige von ihnen, wie Nikolaus Groß und Bernhard Letterhaus, wurden nach einer Verurteilung durch den Volksgerichtshof hingerichtet, andere in Konzentrationslager verschleppt und dort ermordet.
Die protestantischen Landeskirchen fügten sich dem NS-System rasch ein. Die 1932 entstandene innerkirchliche »Glaubensbewegung Deutsche Christen« stand dem nationalsozialistischen Staat völlig loyal gegenüber. In den Kölner Gemeinden konnte sie binnen kurzem einen bestimmenden Einfluss ausüben, ein Großteil der Pfarrer und der Gemeinderepräsentanten stand den Deutschen Christen nahe. Eine Opposition bildete seit 1934 die »Bekennende Kirche«, deren Bedeutung im Laufe der folgenden Jahre zunahm. In Köln gruppierten sich die Anhänger der »Bekennenden Kirche« um die Pfarrer Georg Fritze und Hans Encke, die in der Folgezeit vielfältigen Behinderungen und Verfolgungen ausgesetzt waren.
Innerparteiliche Gegner Hitlers hatten sich im August 1931 unter der Führung Otto Strassers in der »Schwarzen Front« gesammelt. Sie vertraten einerseits eine extrem völkisch-konservative, andererseits aber auch eine ausgesprochen antikapitalistische Politik. Die 25 Mitglieder umfassende Kölner Gruppe wurde von Wilhelm Kayser geleitet. Seine in Wesel lebende Schwester Ursula Kayser schleuste Widerstandsschriften ins Reich und versorgte den in Prag bzw. Wien lebenden Otto Strasser mit politischen Lageberichten. 1936 wurden Wilhelm und Ursula Kayser unter anderem wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu Zuchthausstrafen verurteilt.
Die Opposition von Jugendlichen gegen das NS-Regime konnte verschiedene Motive haben. Ein Teil der Jugendlichen wie die »Swing-Jugend« wünschte sich eine freiere Freizeitkultur, andere knüpften an die Traditionen der 1933 verbotenen bündischen Jugendbewegung an, wieder andere lehnten den Staat aus religiösen Gründen ab. Eine Reihe von Jugendlichen ging aus Abenteuerlust in die Opposition. Ihnen gemeinsam war das Bestreben, sich der totalen Vereinnahmung durch die HJ zu entziehen und sich eine eigene Jugendidentität aufzubauen.
In der Weimarer Republik hatten sich vor allem viele Heranwachsende in der bündischen Jugend zusammengefunden, die eine freie Jugendkultur propagierte und unabhängig von den traditionellen Trägern der Jugendarbeit wie Kirchen, Gewerkschaften und Parteien organisiert war. Trotz des Verbotes trafen sich nach 1933 in verschiedenen Stadtteilen Kölns Gruppen von Jugendlichen – z.B. die »Navajos« –, um die bündische Lebensformen und Traditionen weiterzuführen und – abseits vom Drill der HJ – gemeinsam mit Liedern und Fahrten eine eigene Lebensform zu verwirklichen. Im Krieg – durch Arbeits- und Militärdienst – wechselte die Zusammensetzung dieser Gruppen sehr stark. Einige der Gruppen politisierten sich und gingen zu politischen Aktionen über.
Die Zahl der nicht angepassten Jugendlichen aus bündischen und konfessionellen Kreisen war in Köln sehr groß. In einer von der Gestapo aufgebauten Kartei sollen bereits Ende der 1930er Jahre mehr als 3000 von ihnen erfasst gewesen sein. Damit stellten diese Jugendlichen zahlenmäßig ein viel größeres Resistenzpotenzial dar als jede oppositionelle Gruppe von Erwachsenen. Das Regime verfolgte und bekämpfte die Jugendgruppen nachdrücklich und mit steigender Intensität und Härte. Die Gestapo führte immer wieder Razzien durch, bei denen zahlreiche Jugendliche festgenommen wurden. Wenn es in den meisten Fällen auch bei Verwarnungen blieb, so kam es doch zu Gerichtsverhandlungen mit teilweise empfindlichen Freiheitsstrafen. In der Kriegszeit wurden unangepasste Jugendliche von der Gestapo – nun unter dem Sammelbegriff »Edelweißpiraten « – weiter verfolgt.
Als sich 1943 die Niederlage der deutschen Truppen abzeichnete, verstärkten sich die Oppositionsbewegungen im Reich und die Bereitschaft der Gruppen, untereinander zusammenzuarbeiten. Die seit 1944 immer chaotischer werdenden Lebensverhältnisse boten zunehmend die Möglichkeit unterzutauchen, sodass eine hohe Anzahl von Oppositionellen, Deserteuren, geflüchteten Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen in der Illegalität lebte. Mit dieser Entwicklung verschärften sich Terror und Verfolgung des Regimes gegenüber oppositionellem Verhalten. Insbesondere nach dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 setzte eine Welle von rücksichtslosen Maßnahmen der Unterdrückung ein.
In Köln war die breiteste und am besten organisierte Widerstandsorganisation gegen Ende des Krieges die lokale Gruppe des Nationalkomitees Freies Deutschland, einer Organisation, die von kommunistischer Seite im Juli 1943 in der Sowjetunion gegründet worden war. Dominiert von Kommunisten, arbeiteten in der Kölner Gruppe Sozialdemokraten, Christen und Bürgerliche zusammen. Im November 1944 wurde die gesamte Leitung des Kölner Nationalkomitees von der Gestapo in Klettenberg verhaftet.