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Rassenpolitik: »Ausmerze« und »Aufartung«

Dieses Thema im 360°Rundgang

Der Rassismus bildete das Kernstück der NS-Ideologie. »Ausmerze« und »Aufartung« waren die beiden untrennbaren Seiten der NS-Rassenpolitik: einerseits die Bekämpfung der »Volksschädlinge« und »Untermenschen« bis hin zu ihrer Ermordung und andererseits die Aufzucht »reinrassiger«,»arischer« Deutscher, die als auserwählte »Herrenrasse« über »minderwertige« Völker herrschen sollten. Zahlreiche mit der Umsetzung dieser Politik befasste Institutionen machten Köln zum Zentrum der Rassenpolitik im Rheinland.

Geschichte des Rassismus

Rassismus und Antisemitismus hatten in Europa und Deutschland eine lange Tradition. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in Europa die ersten Rassentheorien entwickelt. Der französische Graf Joseph Arthur de Gobineau (1816–1882) entwarf als erster eine in sich geschlossene, wenn auch widersprüchliche Rassenlehre, auf die andere Autoren aufbauten. Besondere Bedeutung erlangte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der »Sozialdarwinismus«, der die Vorstellung Darwins vom »Kampf um das Dasein« zum Überleben des Stärkeren und der rücksichtslosen Ausmerzung aller minderwertigen Lebewesen oder Rassen umdeutete. Der Brite Houston Stewart Chamberlain (1855–1927) wurde mit seinem Bestseller »Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts« zum wichtigsten Repräsentanten des politischen Antisemitismus. Auch in der Wissenschaft machte sich rassistisches Denken breit. Rassenhygiene und Eugenik spielten bereits vor dem Ersten Weltkrieg eine Rolle und gewannen in der Weimarer Republik an Boden. Es existierten über ein Dutzend bevölkerungspolitische, rassenhygienische und eugenische Vereinigungen.

Hitlers Rassismus

An der nationalsozialistischen Rassenideologie war grundsätzlich nichts neu. Neu war die konsequente Umsetzung der rassenpolitischen Vorstellungen in die Praxis. Hitler selbst war überzeugter Rassist und Antisemit. Seine Weltanschauung mit ihren drei aufeinander bezogenen Kernelementen – Antisemitismus, Antibolschewismus und Lebensraum – prägten ihn von seinen politischen Anfängen bis zu seinem Tod. Mit brutaler Offenheit hat er seine Vorstellungen dargelegt. In seinem 1925 zum ersten Mal erschienenen Buch »Mein Kampf« erklärte er –u.a. gestützt auf Gobineau und Chamberlain – die »Rassenfrage« nicht nur zum »Schlüssel zur Weltgeschichte, sondern auch zur menschlichen Kultur überhaupt«. Die »heiligste Pflicht« eines Volkes sei es, »dafür zu sorgen, daß das Blut rein erhalten « bleibe. Reinerhaltung der Rasse und Bekämpfung der Rassenmischung waren das zentrale Anliegen der Politik Hitlers. Juden galten als der Gegenpol, die »Gegenrasse« zur »arischen« Rasse, als die Inkarnation des Bösen, das sich für Hitler im Internationalismus wie im Pazifismus, in Demokratie und Marxismus, in der Novemberrevolution und der Weimarer Republik offenbart hatte. In »Mein Kampf« sprach er offen von »Vernichtung und Ausrottung«, der physischen Liquidierung und Ermordung und kündigte am 30. Januar 1939 im Reichstag an, ein Krieg würde die »Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa« bedeuten.

Rassenverfolgung bis zur »Ausmerze«

Die Durchsetzung der rassistischen Politik geschah schubweise und eskalierend. Die von der Regimeführung entwickelten allgemeinen Ziele wurden von den Organen des nationalsozialistischen Verfolgungsapparates, die dabei eine Dynamik entfalteten, mit großer Eigeninitiative um gesetzt. Eine Art Grundgesetz der nationalsozialistischen Rassenpolitik stellte das »Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses « vom 14. Juli 1933 dar. Es ermöglichte Zwangssterilisationen in großem Umfang, um die als rassisch minderwertig eingestuften Menschen an der Fortpflanzung zu hindern. Die »Nürnberger Gesetze« von 1935, das »Reichsbürgergesetz « und das »Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre« besiegelten die Entrechtung aller nicht »Deutschblütigen«, um »eine Sicherung und Reinerhaltung des deutschen Blutes« zu erreichen. »Eheschließungen zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen und artverwandten Blutes« und außerehelicher Verkehr zwischen ihnen wurden verboten und als »Rassenschande« – bis hin zur Todesstrafe – hart bestraft.

Bettler, Landstreicher, Obdachlose, Alkoholiker und Prostituierte wurden als »Asoziale« klassifiziert und wie die »Berufsverbrecher« als »Gemeinschaftsfremde« aus der »Volksgemeinschaft« ausgegrenzt und als rassisch minderwertig verfolgt, häufig auch zwangssterilisiert. Auch Homosexuelle wurden aus rassischen Gründen verfolgt. Die Ermordung geistig und körperlich Behinderter im Rahmen der »Euthanasie« galt als »Vernichtung lebensunwerten Lebens«. Der Zweite Weltkrieg bedeutete die tiefgreifende Verschärfung der nationalsozialistischen »Rassenpolitik«; durch ihn sahen die Nationalsozialisten die Chance, ihre rassenpolitischen Vorstellungen zu verwirklichen. Der jahrelangen Diskriminierung und Verfolgung der »fremd rassigen« und »rassisch minderwertigen« Juden und Zigeuner folgte nun ihre massenhafte Ermordung.

»Aufartung«

Die Verfolgung der als »rassisch minderwertig « eingeschätzten Menschen bis hin zum Massen mord, dem sogenannten »Ausmerzen«, bildete die eine Seite der national sozialistischen Rassenpolitik, die andere Seite stellte die »Aufartung« des »arischen« Teils der Bevölkerung dar. Die ideologische Kehrseite des Holocausts war die Höherzüchtung. Die Nationalsozialisten sahen darin – in bewusster Anlehnung an die Biologie – ein »züchterisches Programm«. Ihre »Anstrengungen zur biologischen Vervollkommnung des deutschen Volkes« zielten auf die Herstellung der erbbiologischen Gesundheit. Dies sollte durch ein Bündel von Maßnahmen erreicht werden: den »Ariernachweis« als Voraussetzung für Eheschließungen, Beratungsstellen für Erb- und Rassenpflege bei den Gesundheitsämtern, Steuervorteile für erbgesunde Heiratswillige und Kinderreiche usw. Dementsprechend bestand in der Mutterschaft die wahre und einzige Aufgabe der Frau. Sichtbarer Ausdruck des Mutterkults war die Vereinnahmung des »Muttertags« und vor allem das »Mutterkreuz « für die Geburt von arischen und erbgesunden Kindern. Es wurde in drei Stufen verliehen: in Bronze für vier oder fünf Kinder, in Silber für sechs oder sieben Kinder, in Gold für acht und mehr Kinder. Auch die Politik der »Germanisierung« in den besetzten osteuropäischen Ländern sollte durch die Vertreibung der slawischen Völker, deren Angehörige als »Untermenschen« bezeichnet wurden, und die gleichzeitige Ansiedlung von arischen Deutschen den Anteil der arischen Rasse erhöhen und ein »Herrenvolk « entstehen lassen, das über das »Arbeitsvolk« der slawischen Bevölkerung herrschen sollte.

Institutionen der Rassenpolitik in Köln

Köln war das Zentrum der Rassenpolitik im Rheinland, an der u. a. folgende Institutionen beteiligt waren:

¦ Rassenpolitisches Amt des Gaus Köln-Aachen der NSDAP

¦ Amt für Volkstumsfragen des Gaus Köln-Aachen der NSDAP

¦ Amt für Volksgesundheit des Gaus Köln-Aachen der NSDAP

¦ Gausippenamt des Gaus Köln-Aachen der NSDAP

¦ NS-Deutscher Ärztebund

¦ Gesundheitsamt der Stadt Köln:
- Beratungsstelle für Erb- und Rassenpflege
- Fürsorgestelle für Nervöse und Geisteskranke
- Fürsorgestelle für Alkoholiker
- Fürsorgestelle für Körperbehinderte
- Ärztliche Eheberatungsstelle
- Kriminalbiologische Abteilung
- Gerichtsarzt

¦ Beratungsstelle für Familien- und Sippenforschung beim Archiv der Stadt Köln

¦ Standesamt

¦ Museum für Volkshygiene

¦ Universität Köln:
- Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene
- Medizinische und psychiatrische Institute
- Psychiatrische und Nervenklinik Lindenburg
- Arbeitsstätte (ab 1941: Rheinisches Provinzialinstitut) für geschichtliche Volkskörperforschung

¦ Rheinisches Landessippenamt des Rheinischen Provinzialverbandes

¦ Erbgesundheitsgericht und Erbgesundheitsobergericht

¦ Sondergerichte

¦ Evangelisches Krankenhaus Weyertal

¦ Chirurgische Klinik der Universität Köln

¦ Kriminalbiologische Forschungsstelle beim Gefängnis Klingelpütz

¦ Reichsbund Deutsche Familie - Ortsgruppe Köln

¦ Kriminalpolizei und Gestapo als Verfolgungsbehörden

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