Dietmar Schneider hat seit den 1960er Jahren die Kunstszene mit seiner Fotokamera begleitet. Dabei sind zahlreiche Künstlerporträts entstanden, von denen ein Teil von den Porträtierten bearbeitet, im Sinne ihres Schaffens ergänzt oder korrigiert und schließlich wieder an Schneider zurückgeschickt wurden. Fremdwahrnehmung und Selbstdarstellung verbinden sich und verweisen auf korrespondierende Kunstwerke aus der Sammlung der artothek.
Dietmar Schneiders prägendste Eigenschaft ist seine Leidenschaft für Kunst. Der seit 1945 in Köln ansässige Sammler, Fotograf und Publizist hat in den letzten 60 Jahren das Kunstgeschehen im Rheinland und insbesondere in Köln begleitet, beschrieben, fotografiert und archiviert. Als Initiator von Kunstprojekten wie unter anderem „Aktuelle Kunst Hohe Straße Köln“ (1969 – 1973), Kunstpreis Glockengasse und dem Magazin „Kölner Skizzen“, das er 34 Jahre lang herausgab, pflegte er engen Kontakt mit Künstler*innen; Sponsoren und der Stadtgesellschaft.
Dabei hat er innerhalb seiner beachtlichen Sammlung von Fotografien und Dokumenten zur Kunstszene ein Konvolut von über 100 Künstlerporträts zusammengetragen, das von den fotografierten Künstlerinnen und Künstlern aus Verbundenheit mit Dietmar Schneider bearbeitet und ihm gewidmet wurde. So sind Werke entstanden, die die Kunstschaffenden in mehrerer Hinsicht darstellen. Von Dietmar Schneider in öffentlichen und privaten Situationen fotografiert, sehen wir Joseph Beuys, Rune Mields, Sigmar Polke, Rosemarie Trockel und viele mehr. In klassischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen sind sie inmitten des Vernissagenpublikums oder in ihrer Ateliersituation Akteure und Teil der Szene zugleich. „Sehen und gesehen werden“ ist ein wichtiger Teil von Kulturveranstaltungen, jener Konstellation, in denen sich Dietmar Schneider über Jahre mit seiner Kamera bewegt hat. Es ist erstaunlich, wie nah er den Künstler*innen in seinen Fotografien kam, obwohl es sich – wie er selbst bestätigt – immer um nicht inszenierte Schnappschüsse handelte.
Fotografien mit der Unterschrift der Künstler*innen sind als Autogrammkarten aus der Film- und Theaterszene geläufig. Die Selbstdarstellung durch das fotografische Bild gehört bei Bildenden Künstler*innen aber eher zu einem Randbereich der kreativen Existenz, stehen doch in der Regel die Kunstwerke als außenwirksamer Teil des persönlichen Schaffens im Vordergrund. Im Falle der Arbeiten von Dietmar Schneider kommt zur professionellen Rolle der Dargestellten noch eine persönliche, anerkennende Komponente hinzu. Von Dietmar Schneider angefragt haben die Künstler*innen, darunter Christo, Ulrike Rosenbach, Felix Droese, Astrid Klein, Klaus Staeck, Ursula und Bernard Schultze und viele andere, Abzüge seiner Aufnahmen in ihrer persönlichen Handschrift bearbeitet, sich die Darstellung ihrer selbst durch die künstlerische Intervention angeeignet und in eine besondere Form der Selbstdarstellung umgewandelt.
In der artothek werden diese außergewöhnlichen Künstlerporträts zum ersten Mal für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Als Teil der Schneiderschen Privatsammlung stehen Sie nun in der artothek in einem Dialog mit den Werken der jeweiligen Künstler*innen aus der Sammlung der artothek. Zahlreiche Überschneidungen ergeben sich aus der zeitgleichen Entstehung der beiden Sammlungen. Beide schöpften aus demselben kreativen Potenzial zeitgenössischer Kunst, das sich in Köln seit 1960 mit immer größerer Strahlkraft entwickelt hat.