Längst nicht alle Jugendlichen schlossen sich freiwillig der Hitlerjugend an. Solange dies Einzelne waren, die zudem nicht gegen bestehende Pflichten verstießen, passierte meist nichts. Handelte es sich jedoch um ganze Gruppen – zunächst vor allem Zusammenschlüsse katholischer, im Laufe der NS-Zeit dann aber immer mehr unangepasster Jugendlicher - griff die Hitlerjugend oft hart durch.
Zahlreiche Zeitzeugen erinnern sich an Provokationen, Vandalismus und Schlägereien, die vor allem von der HJ ausgingen. Ehemalige Angehörige der Hitlerjugend berichten allerdings auch von einem offen provokanten Gebaren der Unangepassten. Um Politik ging es bei den Konflikten fast nie, sondern eher um das Durchsetzen von (Macht-) Ansprüchen und die Verteidigung des jeweiligen Territoriums.
Inhalt
Über diese Medienstation
Verbote
05:06 Min.
Konflikte der katholischen Jugend
10:43 Min.
Konflikte der evangelischen Jugend
04:42 Min.
Konflikte der unangepassten Jugend
12:43 Min.
Überwachung und Kontrolle
07:40 Min.
Die Betätigung der konfessionellen Gruppen wurde schon bald nach der NS-Machtübernahme zunächst durch regionale, ab 1935 dann verstärkt durch reichsweit geltende Verbote erheblich eingeschränkt. Uniformen und Fahnen durften nicht mehr in der Öffentlichkeit getragen werden, Wanderungen und Spiele unter freiem Himmel, zumal in Gruppen, wurden untersagt. Es gab auch Heimbesetzungen und Beschlagnahmungen von Eigentum der Gruppen, die zwar meist nur vorübergehend waren, das Gruppenleben aber stark einschränkten und viele Jugendliche wohl auch einschüchterten.
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Zwischen Hitlerjugend und katholischen Jugendgruppen entspannen sich trotz des Konkordats heftige Auseinandersetzungen, wobei die Konflikte meist durch die HJ provoziert wurden.
Zeitzeugen erinnern sich an Beschimpfungen, Schmierereien wie „PX verrecke“ und Schlägereien. Es gab dabei allerdings regionale Unterschiede: Während die HJ mancherorts den Streit geradezu suchte, ließ sie die katholischen Gruppen andernorts fast völlig unbeeinträchtigt. Entsprechend unterschiedlich waren auch die Angehörigen der katholischen Gruppen gegenüber der Hitlerjugend eingestellt.
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Die Konflikte zwischen Hitlerjugend und evangelischen Jugendverbänden waren nicht so ausgeprägt wie die mit den katholischen Gruppen. Das war nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die evangelische Jugend bereits im Dezember 1933 in die Hitlerjugend eingegliedert wurde und sich künftig auf rein religiöse Dinge beschränkten sollte.
Dennoch erinnern sich Zeitzeugen sowohl an Beharrungsvermögen ihrer Gruppen als auch an erhebliche Einschränkungen bei der Gestaltung des Gruppenlebens. Es gab immer wieder Störungen von Gottesdiensten, Pöbeleien, Auseinandersetzungen um Uniformen und Fahnen sowie auch Schlägereien.
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Die Auseinandersetzungen zwischen HJ und unangepassten Jugendlichen fielen häufig besonders heftig aus – nicht zuletzt, weil es sich hier zumeist um ältere Jugendliche handelte, die schon im Beruf standen und sich wenig gefallen ließen.
Die Zeitzeugen, die diese Streitigkeiten aus Sicht der HJ erlebten, schildern die Unangepassten als Provokateure und Halbstarke. Diejenigen, die zu den Unangepassten zählten, machen die HJ und die NS-Verfolgungsorgane für die Eskalationen verantwortlich. Mit wenigen Ausnahmen stellen aber beide Seiten fest, dass die Auseinandersetzungen nicht politisch motiviert waren, sondern in den unterschiedlichen Lebensweisen begründet lagen.
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Mit dem Streifendienst verfügte die Hitlerjugend über ein eigenes Kontroll- und Überwachungsorgan. Mit Unterstützung der Polizei waren die Streifen dafür zuständig, Verbote gegenüber Jugendgruppen zu überwachen und durchzusetzen.
Hierzu zählten Uniformverbote, das Verbot auf Fahrt zu gehen und auch jenes, sich nach 22 Uhr noch in Gaststätten aufzuhalten. Meist führten die Kontrollen nur zu Verwarnungen durch die Ordnungspolizei. Mitunter mussten sich aufgegriffene Jugendliche aber auch vor der Gestapo verantworten und wurden dort erkennungsdienstlich erfasst.
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