Neben der sozialen und regionalen Herkunft, neben Beruf, Bildung, Geschlecht und Alter prägte in der Weimarer Republik vor allem die jeweilige Konfession die sozio-kulturelle Identität und das politische Verhalten.
Fast alle Deutschen gehörten einer der beiden großen christlichen Kirchen an. 1925 waren 64,1 Prozent der Bevölkerung Angehörige der evangelischen, 32,4 Prozent der römisch-katholischen Kirche. Daher bestimmte die Kirchenbindung das Alltagsleben auch nach 1933 weiterhin in erheblichem Maße mit.
Inhalt
Über diese Medienstation
Konfessionelle Jugendgruppen bis zum Verbot
03:48 Min.
Reaktion auf Verbote
05:44 Min.
Pfarrjugend
08:04 Min.
Hitlerjugend und Kirche
07:55 Min.
Religionsunterricht
07:06 Min.
In der Weimarer Republik bildeten sich zahlreiche konfessionelle Jugendverbände, die nach dem Vorbild der bündischen Jugend auf Fahrt gingen, Zeltlager durchführten, Lieder sangen und Jugendliche als Führer hatten. Von dieser Form des Jugendlebens fühlten sich viele Heranwachsende – oft unterstützt durch ihre Elternhäuser – angesprochen, weil hier eine religiöse Erziehung mit einem attraktiven Freizeitangebot verbunden wurde.
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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde die Arbeit der konfessionellen Jugendgruppen stark beschnitten. „Bündische“ Formen wie Fahrten und Zeltlager wurden untersagt, weil die Hitlerjugend ein Monopol darauf erhob.
Die konfessionellen Gruppen hatten sich fortan auf eine rein religiöse Betätigung zu beschränken. Manche gingen zwar weiterhin heimlich auf Fahrt, die meisten passten sich jedoch an und zogen sich als „Pfarrjugend“ auf den rein kirchlichen Raum zurück.
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Nach dem Verbot der konfessionellen Jugendverbände schlossen sich viele Jugendliche, die weiterhin an religiös orientierter Jugendarbeit interessiert waren, der „Pfarrjugend“ an. Diese Gruppen standen nicht allein unter Leitung von Geistlichen, sondern wurden oft von jugendlichen Angehörigen der Pfarrjugend geführt.
Dazu gab es, schon seit Weimarer Zeiten, Ausbildungsstätten wie etwa das „Haus Altenberg“ im Bergischen Land für den katholischen, das Weigle-Haus in Essen für den evangelischen Bereich. Die Pfarrjugend wurde vielfach als Gegenpol zur Hitlerjugend aufgefasst.
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So religionsfeindlich sich manche hohen Funktionäre der Hitlerjugend gaben: In weiten Kreisen der Bevölkerung spielte Religion eine so große Rolle, dass sich die örtlichen Vertreter der Hitlerjugend nach Kräften bemühten, keinen allzu kirchenkritischen Eindruck zu erwecken, um nicht in Misskredit zu geraten. Viele Angehörige der Hitlerjugend pflegten weiterhin religiöse Bräuche und gingen ganz selbstverständlich sonntags in die Kirche – teilweise sogar als Messdiener und zugleich in Uniform.
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Der Religionsunterricht wurde in der NS-Zeit schrittweise aus den Schulen verdrängt. Wurde er anfangs von Geistlichen erteilt, übernahmen ihn zunehmend weltliche, oft nationalsozialistisch orientierte Lehrer, die die Stunden zur Ideologisierung der Kinder im NS-Sinn nutzen. Im September 1937 wurde Geistlichen der Schulunterricht gänzlich untersagt. Die Religionsstunden wurden zugleich immer weiter reduziert, bis auch er schließlich ganz verboten wurde.
Die Kirchen richteten in der Folge einen freiwilligen Religionsunterricht ein, an dem manchenorts viele Jugendliche, andernorts nur noch ein „harter Kern“ teilnahmen.
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