Gruppe 
Edelweißpiraten (Hans Fricke)

Edelweißpiraten in Donrath (Agger): Je 2 kamen aus Vogelsang und Bickendorf, jeweils einer aus Ossendorf, Ehrenfeld und Raderthal.


Edelweißpiraten im Langfigtal bei Altenahr


Edelweißpiraten aus Nippes


Heinz B., Gilles und "Boss"


"Tom"


Heinz Gilges aus Ossendorf


"Häns" aus Raderthal


Kölner Edelweißpiraten, u.a. Heinz Gilges (Mitte" und "Häns" (rechts)


Kölner Edelweißpiraten mit zwei Düsseldorfer "Kollegen"


"Boss" Kurt Lück, "Häns" und Heinz Gilges (v.l.n.r.)


Kölner Edelweißpiraten in Hönningen (Rhein) mit "Rondorfer Jungen"


Kölner Edelweißpiraten "auf Tour"

[Herr Fricke ließ dem NS-Dokumentatiuonszentrum aus eigenem Antrieb kurz vor Ausstellungseröffnung den folgenden Erinnerungsbericht und die hier präsentierten Fotos zugehen. Vielen Dank dafür!]


Edelweißpiraten aus meiner Sicht! 1941 bis 1944.

Bin Jahrgang 19 26 und in Köln aufgewachsen.~

Den ersten Kontakt mit den Edelweißpiraten hatte ich 1941. Damals, als 15 jähriger Maschinenschlosserlehrling besuchte ich die Berufsschule in der Ullrichgasse. Ich lernte einen Klassenkameraden kennen, der mich zu einer Fahrt an die Agger eingeladen hat.

Treffpunkt war der Westbahnhof. Es war der 1. Mai. Dort lernte ich acht bis zehn in bunt karierten Hemden, weißen Kniestrümpfen, bunten Halstüchern, Windblusen und mit Gitarren und Mandolinen ausgestattete Jugendliche kennen. Alle kamen aus Ehrenfeld, Bickendorf, Ossendorf und Vogelsang. Der
Älteste war 19 Jahre alt.

Wir sind bis Rösrath mit dem Zug gefahren, und von dort bis nach Donrath gewandert. Dort hatten wir einen schönen Lagerplatz. Hier lernte ich nun die Jungen kennen. Es wurden Lieder gesungen, die mir bislang nicht bekannt waren. Es waren aber auch Lieder dabei, die ich kannte, die aber einen anderen Text hatten.

Ich habe erfahren, dass die E.P. eine Nachfolge der damals verbotenen Bündischer Jugend ist. Teilweise nannte man sich auch Nerother und
Navajos. In den Liedern kam es zum Ausdruck.

Mir hat die ganze Sache gefallen und ich habe mich dieser Gruppe angeschlossen. Wir sind bis in den Spätsommer fast jedes Wochenende auf Fahrt gegangen. Unsere Ziele waren Oberkassel-Niederdollendorf, dort waren einige kleinere Seen (Märchensee, Felsensee und der Blaue See). Es befanden sich dort einige Höhlen in denen wir übernachtet haben, und wo wir ungestört waren. Der Drachenfels war ebenfalls ein Ziel, so wie der Rolandsbogen, wo wir auf halber Höhe einen sehr schönen Lagerplatz hatten. Das Langfichtal in Altenahr war eines unserer schönsten Plätze.

Ich war nun vollkommen antinationalsozialistisch eingestellt. Das begann schon am Morgen beim eintreten in den Umkleideraum der Firma. Da erscholl ein sehr lautes "Guten Morgen", und kein "Heil Hitler". Die Altgesellen schmunzelten, nur der Obmann(Parteimitglied) grüßte mit dem deutschen Gruß. Nach einigen Tagen wurde ich vom Obmann aufgefordert, das provozierende laute "Guten Morgen" zu unterlassen. Ich machte aber weiter und ich wusste, dass die Mehrheit in unserem Betrieb das gerne hörte.

Im nachhinein habe ich oft gefragt, wer von den fast 200 Arbeitern war eigentlich in der Partei. Wenn ich auf 10 Namen käme, dann müsste ich aber sehr gut überlegen wer das war!

Nun hatte ich auch immer Kreide dabei, damit schrieb ich unsere Parolen. Zum Beispiel "Es lebe die HJ", das HJ wurde durchgestrichen und mit einem großen EP versehen. Auch auf der Straße in unserer Gegend gab es immer nur ein freundliches "Guten Tag".

Zu Leuten von denen ich wusste, dass sie Parteimitglied waren, es waren einige ganz speziell, da wurde ganz provozierend laut gegrüßt, "guten Tag usw."

Oft wurde ich ermahnt, man werde mir das noch beibringen. Oder man werde mich dorthin bringen wo ich hingehöre. Wie oft habe ich das gehört!

Einer mehrfachen Aufforderung zum Dienst bei der HJ am Samstag oder am Sonntagmorgen zu erscheinen, bin ich nicht nachgekommen. Dabei hatte ich auch nie Schwierigkeiten. Die Hitlerjugend(14-18) war bei uns in Raderthal keine große Erscheinung.

1942 wurden wir noch aggressiver in unserem Benehmen und Äußerungen. Auf unseren Fahrten nahmen wir Farbe und Pinsel mit. Wir malten an Felswänden und Mauern einen Galgen mit Hakenkreuz und der SS in der Schlinge. Mir wurde erst nach dem Krieg bewusst, wie gefährlich und leicht= sinnig wir gehandelt haben.

Am 26. Februar 1942 ist unser Haus von einer Brandbombe getroffen und bis auf die Außenmauern abgebrannt. Die Bewohner der 1. und 2.Etage haben alles verloren. Wir, die im Erdgeschoss wohnten, haben noch vieles retten können.

In diesem Jahr mussten auch die Ersten meiner Freunde zum Reichsarbeitsdienst und zur Wehrmacht. Unsere Gruppe wurde kleiner, und ich weiß, das keiner gerne gegangen ist. Wir glaubten damals schon nicht mehr an einen Sieg, welcher uns immer wieder vorgegaukelt wurde.

Für uns wurde es immer gefährlicher, in unserer Kluft herumzulaufen. Unsere Gesinnung und unser Auftreten waren schon zu bekannt, um geduldet zu werden.

Im Volksgarten, wo sich die EP aus ganz Köln trafen und bei Gitarrenklang ihre Lieder sangen, kam es nun öfter zu Auseinandersetzungen mit der HJ Streife. Es war dort immer toll was los. So an die 50 bis 60 EP trafen sich dort.

Bis auch diese Treffen immer gefährlicher wurden, weil auch die Polizeieinsätze folgten. Diejenigen die man dort erwischte wurden zum Reichenspergerplatz gefahren und dort verhört. Es gab dort einen Kripo oder Gestapomann namens Schichler oder Stichler. Er war bekannt und gefürchtet.

Meine Eltern lebten in ständiger Sorge, weil ich oft abends bis spät in die Nacht unterwegs war. Dazu fast jede Nacht Fliegeralarm. Auch war es ein weiter Weg, mit dem Fahrrad von Raderthal bis nach Ehrenfeld oder Bickendorf. Auch wussten meine Eltern, welchem Kreis ich angehörte. Ein Grund mehr, sich zu Sorgen.

Im Sommer 1942 habe ich bei uns zuhause für zwei Freunde und für mich drei Braunhemden schwarz gefärbt und zum trocknen in den Garten gehängt. Wir hatten diese Hemden wegen der zwei Brusttaschen und der Qualität gekauft. Einige Tage später bekam ich eine Vorladung zur Ortsgruppe der NSDAP. Es war ein Büro der Partei in der Markusstraße. Der Ortsgruppenführer war Herr Heppner.

Dort erschien ich mit buntem Schal und einem lauten "Guten Abend". Kaum hatte ich ausgesprochen, da schrie mich der Ortsgruppenleiter an, gehen Sie noch mal raus. Ich bin wieder raus und wollte nach Hause gehen. Jemand kam mir nach und forderte mich auf, wieder rein zu kommen. Ich solle es nicht übertreiben sagte er mir. Wieder im Zimmer des Ortsgruppenleiters, leider mit deutschem Gruß, wurde ich nach den drei schwarzen Hemden befragt. Warum schwarz und wozu? Wegen meiner Arbeit im Betrieb sagte ich. Weil helle Hemden zu schnell schmutzig werden. Man glaubte mir kein Wort und stellte weitere Fragen. Schon wieder drohte man mir, mich dorthin zu bringen, wo mir richtige Gesinnung und Ordnung beige= bracht würde.

Zur Strafe sollte ich im Keller des Hauses nach Ende meiner Arbeit Holz sägen und spalten. Den ersten Abend stellte ich den Hauklotz genau unter die Lampe. Dann holte ich mit dem Beil aus, und schon stand ich im Dunkeln. Also ging ich wieder nach Hause. Aber ganz kam ich nicht davon. Notgedrungen musste ich doch einige Abende opfern um Ärger und Folgen zu vermeiden.

Donnerstags hatte die Partei immer Versammlung in der Ortsgruppe. Mit einigen Freunden aus unserem Viertel machten wir folgenden Streich. Mit Bindedraht, den ich aus unserer Firma mitbrachte, haben wir die Haustür zugebunden und noch Stolperdraht gespannt. Dann wurde die Klingel mit einem Streichholz auf Dauerbetrieb gestellt. Danach war dort der Teufel los. Als die endlich raus kamen, stolperten sie noch über den Draht. Wir waren natürlich nicht mehr da. Es hat uns auch keiner gesehen.

Sehr oft haben wir bei mir zu Hause, oder bei einem der Freunde "Radio London" gehört. Mit allerhöchster vorsieht, denn das Abhören von Feindsender wurde hart bestraft. Durch diese Informationen hatten wir aber einen Überblick. Zudem fanden wir auch vermehrt Flugblätter, die bei den Luftangriffen abgeworfen wurden. 1943 haben wir eine Fahrt ins Siebengebirge gemacht. Dort trafen EP aus Düsseldorf und Wuppertal. Wir haben uns mit ihnen für Pfingsten nach Oberdollendorf zum Blauen See verabredet. Es waren ungefähr 50 EP die sich dort trafen. Es wurde beim Lagerfeuer diskutiert, neue Lieder wurden vermittelt und natürlich gesungen. Wir hatten unseren Spaß dabei.

Wir Kölner hatten am Felsensee eine Höhle wo wir übernachteten. Es gab dort mehrere kleine Seen und Höhlen oder Stollen. Dort hat man früher Trass abgebaut.(Mörtel zum Bauen.)

Als wir am nächsten Morgen zu unseren Freunden an den Blauen See wollten, trafen wir nur noch einige Wuppertaler die am Märchensee campiert hatten. Alle anderen waren von der Polizei kassiert worden. Es waren fast 25 aus dem Raum Düsseldorf. Wir mussten nun getrennt und mit äußerster Vorsicht die Heimfahrt antreten, um nicht aufzufallen. Das heißt, Bluse zu bis oben und die weißen Strümpfe weg. Wie bereits erwähnt, es wurde immer gefährlicher.

Von uns drei Schwarzhemden(so wurden wir genannt) musste nun auch Boss(Kurt) zur Wehrmacht einrücken. Im Sommer 43 machte ich mit dem Letzten aus unserer Gruppe noch eine schöne Fahrt in den Schwarzwald. Ich hatte meinen Urlaub genommen und Heinz auch. Wir beide mit unserem Rucksack zum Hauptbahnhof. Dort haben wir eine Karte bis nach Mainz gelöst. Aber was war das für eine Fülle in dem Zug. Alles voll von Soldaten und Menschen die ausgebombt waren und raus aus der Stadt wollten. Man hat uns beide sogar beschimpft, wo so wenig Platz wäre, und wir noch zum Vergnügen verreisen.

Von Mainz aus sind wir getrampt, über Mannheim, Stuttgart in den Schwarzwald. Es war wunderschön, die Ruhe und kein Fliegeralarm. In Nagold oder in Calw wurden wir eine Nacht in einem RAD Lager festgehalten. Unsere Personalien wurden überprüft. Wir wurden über unsere Kleidung befragt(Schwarze Hemden, bunter Schal und Edelweiß) Die wussten dort unten schon Bescheid, haben uns ermahnt und wir konnten unsere Fahrt fortsetzen.

In Appenweiler hatten wir nur noch wenig Geld. Wir lösten eine Fahrkarte bis Mannheim, und blieben bis Frankfurt im Zug. Von dort eine Karte bis Mainz. Aber wir blieben bis Köln im Zug. Mit der Fahrkarte durch die Sperre (Kontrolle), das ging ganz schnell: Denn ehe der Kontrolleur merkte, dass wir zuwenig bezahlt hatten, waren wir schon durch die Sperre und fort. Es war soviel Betrieb, da konnte man keinem nachlaufen.

In Köln angekommen, hatte ich meinen Urlaub um einige Tage überschritten. Ein Brief von der Firma diesbezüglich war auch schon da. Das alles störte mich nicht im geringsten, weil ich in nächster Zeit mit meiner Einberufung rechnete.

Im September 43 machte ich meine Gesellenprüfung, die ich mit gut bestand. Ende September kam für mich der verhasste Stellungsbefehl, für den 10. Oktober nach Lindlar im Bergischen zum Reichsarbeitsdienst. Am 1. Oktober war meine Lehrzeit zu Ende. Nun war ich Geselle. Bis zum 10.Okt. musste ich also noch Arbeiten. Das habe ich aber nicht gemacht, sondern ich bin zum Arzt und habe mich krankschreiben lassen.

Nun noch etwas über die Edelweispiraten!

Es handelte sich um eine gewaltlose Widerstandsgruppe. Es gab keine spezielle Führung, keine Organisation von irgendwo. Allein mit Ihrer Aufmachung, Gesinnung, Auftreten und mit ihren Liedern haben sie sich öffentlich vom Hitlerregime distanziert. Hinzu kommt die totale Verweigerung, einem Dienst in der HJ nachzukommen.

Alle Deutschen hätten es gewusst! Was?? Es geht um die Geschehnisse in den Konzentrationslagern. Bei uns war nur bekannt, dass folgende Menschen dorthin kamen. Gegner des Regimes (Kommunisten), „Volksschädlinge“, das waren Leute die sich an Volkseigentum bereicherten, Betrüger, Arbeitsscheue, Leute, die sich an Kinder vergriffen, Sexualtäter, Verbrecher usw. Während des Krieges auch derjenige der Feindsender im Radio hörte, oder sich gegen das System negativ äußerte.

Was wirklich dort geschah habe ich erst in Kriegsgefangenschaft erfahren. Dort wurden uns die grausamen Bilder gezeigt. Aber es hat einige Zeit gedauert, bis wir dieses wirklich glaubten Wir konnten es nicht glauben, dachten, das gibt es doch nicht. Bei uns soll so etwas geschehen sein? Aber leider war es die Wahrheit!

Es können nur Leute gewusst haben, die unmittelbar damit zu tun hatten. Bestimmte Einheiten, Beschäftigte der Reichsbahn wegen der Transporte usw.



Einige Lieder, die von den Edelweißpiraten gesungen wurden!

Die kümmerlichen Reste
wovon einst Schirach sprach
sind lange nicht die Letzten
Er hat sichs nur gedacht.
Wir sind nicht vier mal Hunderttausend
Millionen sind wir noch
Es erschallen die Rufe
"Die bündische Jugend lebt noch!


Höre Rübezahl was wir Dir klagen
Volk und Jugend sind nicht mehr frei
schwingt die Keule Ihr Edelweißpiraten
schlagt die Nazis kurz und hagelklein.


Hoch droben auf dem Berg
da hinter vergitterten Fenstern
da saß ich ein Jahr, weil ich bei der E P war.


Wanderbursche frei und ledig
zieh ich in die freie Welt
Geld und Gut hab ich nicht nötig
bleibe da wo mir´s gefällt
Bruder komm ja Bruder komm und lass uns wandern
in die große weite Welt


Endlose Straße wohin führst Du mich
was ist deiner weißen Steine Ziel


Oh Komm Senorita
Mein ganzes Leben bist nur Du Senorita
Oh komm Senorita komm zu mir in die kleine Gondel rein.
ffern im sonnigen Süden von Spanien
da will ich sorglos und glücklich sein
dort unter Palmen und Kastanien
da möcht ich weilen mit Dir allein.
Ja da tanzt man den spanischen Tango
und da trinkt man den spanischen Wein
und da sagt man beim spanischen Tango
Senorita, komm und sei mein.


Die Gedanken sind frei
wer kann sie erraten
Sie fliehen vorbei
wie nächtliche Schatten
Kein Mensch kann sie erraten
Kein Jäger erschießen
Es bleibet dabei
Die Gedanken sind frei.


In Junkers Kneipe
bei Bier und Pfeife
da saßen wir zusammen
ein kühler Tropfen aus bestem Hopfen
der Teufel hielt die Wacht
Wo die Fahrtenmesser blitzen
und die Hitlerjungen flitzen
und die Edelweißpiraten fallen ein
was soll das leben uns denn schon geben
wir wollen bündig sein (Edelweißpiraten sein)


Alle diese Lieder haben mehrere Strophen, die mir mit der Zeit entfallen sind.
Es gab auch einige Lieder, die der Sänger Heino vorträgt, welche zu unserer Zeit gesungen wurden.