Pfarrprozession St. Aposteln 1936
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Über Pfingsten (8. bis 11. Juni 1935) verbringen 50 katholische "Jungmänner" der Pfarre St. Aposteln und 25 Jungschärler der Pfarre St. Pantaleon ein Wochenende im Kloster "Haus zur Mühlen" bei Siegburg. Eine Person namens T. erstattet am 10. Juni polizeiliche Anzeige mit folgendem Wortlaut: "In Müllerhof liegen ca. 80 bis 110 Sturmschärler in Uniform. Dieselben sind teils auf Fahrrädern und ein Teil im Auto aus der Kölner Gegend von Rodderberg. Dieselben beabsichtigen heute abend nach 18 Uhr wieder in ihre Heimat abzuwandern. Einer von den Sturmschärlern, der hier in Siegburg übernachtet hat, erklärte: "wenn einer von uns erwischt wird, wären 150 Mk Geldstrafe fällig."
Daraufhin durchsucht die Polizei noch am 10. Juni das Haus und stellt folgendes fest: "Seit Samstag, den 8. Juni 1935 lagerten in "Haus zur Mühlen" etwa 140 kath. Jungmänner. Davon waren 27 Mann von Wesseling [...], 50 Mann von der Pfarre St. Aposteln in Köln [...], 36 Personen der Herz-Jesu-Pfarre in Aachen [...] und 25 Mann des kath. Jünglingvereins St. Pantaleon in Köln." Die einzelnen Gruppen müssen gesondert auf dem Hof antreten und ihr Gepäck durchsuchen lassen. Dabei werden 3 Schulterriemen und 6 Fahrtenmesser beschlagnahmt. Im Polizeiprotokoll heißt es weiter: "Einheitliche Uniform konnte nicht festgestellt werden, wohl trugen einzelne Jugendliche kurze schwarze Kniehosen, wie sie ähnlich vom Deutschen Jungvolk getragen werden."
Die Jungen, bei denen Schulterriemen und Fahrtenmesser gefunden wurden, werden von der Gestapo vernommen. Sie sagen übereinstimmend aus, dass sie weder geschlossene Wanderungen unternommen noch Kluft getragen hätten, sondern sich lediglich innerhalb des Klostergeländes zum Baden bzw. außerhalb zum Kahnfahren aufgehalten hätten.
Im Januar 1936 schreibt der ermittelnde Oberstaatsanwalt an den Leiter der Anklagebehörde bei dem Sondergericht: "Nach dem Ermittlungsergebnis ist ein geschlossener An- oder Abmarsch nicht erfolgt. Die Beschuldigten haben keine einheitliche Kleidung getragen und sich auch nicht sportlich betätigt. Es handelte sich vielmehr nach der unwiderlegbaren Einlassung der Beschuldigten um ein sogenanntes Wochenende, das den Jungens gegen billiges Entgelt gewährt wurde. Bei dieser Sachlage konnte den Beschuldigten ein Verstoss gegen ... die Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat vom 28.2.1933 nicht nachgewiesen werden."
Das Verfahren wird eingestellt, die beschlagnahmten Messer und Schulterriemen werden zurückgegeben.
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