Kölner Navajos um 1936/37
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Im Dezember 1937 gibt Heinz N. vor der Kölner Gestapo präzise Informationen zur Gruppe am Heumarkt. Seit etwa zwei Jahren habe er monatlich in Kluft eine Fahrt mit verschiedenen „Navajos“ vom Treffpunkt Heumarkt zu den bekannten Ausflugsorten wie Rösrath, Haus Steeg und Ammerländchen mitgemacht. Er habe dabei kurze Lederhose mit Fahrtenmesser, weiße oder graue Strümpfe, weißes oder buntkariertes Hemd, dazu Militärkoppel getragen. Die meisten Fahrten erfolgten vom Heumarkt in Köln zunächst in kleineren Gruppen. Man habe sich dann an den Plätzen mit anderen Gruppen getroffen.
An diesen Fahrten waren auch Mädchen beteiligt, wie aus der Aussage von Anneliese K. hervorgeht: "Es trifft zu, dass ich mich am Sonntag, den 12.12.37 in der Margarethenhöhe zusammen mit noch mehreren Jugendlichen befunden habe. Ich hatte mich alleine mit dem Fahrrade von Köln nach Rösrath begeben. Unterwegs überholten mich zwei Radfahrer, die ich nachher als Hans oder Heinz und Walter kennen lernte. Die beiden sprachen mich an und wir fuhren zusammen nach Rösrath. [...] Ich möchte hier einflechten, dass ich mit den übrigen Anwesenden nichts mehr zu tun haben wollte, da ich sie früher als zu gemein und gewöhnlich kennen gelernt habe. Sie nannten mich auch in letzter Zeit "Pimpfenmutter" weil ich mich einigen Jungens in Pimpfenuniform angeschlossen hatte, weil mir ihr Benehmen und ihre Uniform besser gefiel. [...] Zu meiner Verbindung mit diesen Gruppen befragt, erkläre ich, dass mir zunächst einmal der Ausdruck "Navajos" nicht bekannt ist: Im Frühjahr des Js. fuhr ich mit meiner Freundin abends über die Hängebrücke, um nach Hause zu kommen. Auf der Brücke folgten uns einige Burschen auf Fahrrädern, die uns ansprachen und fragten, ob wir nicht einmal Sonntags mit auf Fahrt gehen wollten. Nach einigem Zögern haben wir uns denn bereit erklärt. Einige Sonntage später trafen wir uns dann auf dem Heumarkt und fuhren zusammen bis zur Haltestelle Königsforst. [...] Später riefen uns die Burschen immer wieder am Heumarkt an. Da noch weitere Mädels dabei waren, sind wir denn doch wieder mit auf Fahrt gegangen. Die Fahrten führten nach Rösrath und Lohmar zum Strandbad. Wir hielten uns aber immer ziemlich zurück, sodass wir das Treiben dieser Burschen nicht genauer kennen lernten. Dass bei diesen Fahrten etwas verbotenes war, habe ich erst im Herbst erfahren, als ich einen Teil der Burschen in einer Meinungsverschiedenheit auf dem Heumarkt mit der HJ sah."
Auf einer solchen Fahrt am 12. Dezember 1937 geraten die Jugendlichen von der Gruppe am Heumarkt auf der Margarethenhöhe in eine Razzia der Gestapo, weil sie dort das Lied "Nerother Bummler" gesungen und entsprechende Kleidung getragen haben. Bei ihren Vernehmungen vor der Gestapo halten sie sich im Vergleich zu anderen Jugendlichen mit belastenden Informationen extrem zurück. Auch bei der sozialen Struktur der Gruppe fällt auf, dass sie Gymnasiasten, kaufmännische Lehrlinge und Volksschüler bzw. Lehrlinge in Handwerksberufen sowie Arbeiter umfasst.
Der im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die Gruppe am Georgsplatz festgenommene Wilhelm M. sagt. vor der Gestapo aus, er sei zu dieser Gruppe gestoßen, weil er und seine Freunde jetzt nicht mehr zur Hindenburgbrücke und zum Heumarkt gehe, "weil wir mit den anderen Burschen Streit haben".
Alois S. spricht in seiner zweiten Vernehmung durch die Gestapo am 22. Oktober 1937 von einer "Gruppe Heumarkt", die somit zu diesem Zeitpunkt noch existiert. Zwei der zur Gruppe zählenden Jugendlichen hätten sich am Vorabend am "Tauzieher" am Leystapel aufgehalten.
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