Fragen / Antwortenkatalog zur ARCHÄOLOGISCHEN ZONE / JÜDISCHES MUSEUM
Archäologische Zone / Jüdisches Museum: Was ist das überhaupt?
Der Kölner Rathausplatz ist eine der bedeutendsten archäologischen Fundstätten Deutschlands und zugleich Kölns historische Visitenkarte: Zwei Jahrtausende Kölner Stadtgeschichte von der Römerzeit bis zum Zweiten Weltkrieg werden hier erforscht und sollen sowohl für die Kölnerinnen und Kölner als auch für ein internationales Publikum buchstäblich begreifbar gemacht werden – ein lebendiger Lernort für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt und ihre Besucherinnen und Besucher. Unmittelbar vor dem Historischen Rathaus gelegen, dokumentiert die Archäologische Zone nicht nur, dass hier seit der römischen Epoche das administrative Zentrum der Stadt war, sondern dass hier seit dem 11. Jahrhundert Juden als integraler Teil der Bevölkerung lebten. Die Geschichte der Grabungen reicht bis in die Nachkriegszeit zurück; damals war man im Zuge der Wiederaufbauarbeiten auf römische Mauerreste gestoßen. Als eine einzigartige historische Schaustelle im Herzen der Stadt bietet die Archäologische Zone die Chance, „mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit“ zu fahren, so wie sich das die Archäologen und Historiker in den 1950er-Jahren ausgemalt hatten. Mehr noch: Sie ermöglicht es, Station in allen nachfolgenden Epochen zu machen. Der Weg geht durch die römische Zeit, das Mittelalter, die Neuzeit – und durch alle Epochen des jüdischen Köln. Ein erster Teil, das Praetorium, die römische Statthalterei, ist heute schon begehbar.
Seit wann wird gegraben?
Seit August 2007 wird vor dem Kölner Rathaus gegraben. Und fast täglich siebt das Grabungsteam spektakuläre Zeugnisse aus 20 Jahrhunderten aus dem Schutt der Vergangenheit: Abgesehen von Gebäuderesten, die zum römischen Fundament der Stadt gehören, zum jüdischen Viertel mit einer der ältesten Synagogen nördlich der Alpen oder zum mittelalterlichen Goldschmiedequartier, konnten bisher etwa eine Viertelmillion Artefakte, Schmuck, Schrifttafeln, Ornamente und andere Funde, freigelegt werden. Ein Puzzle aus über 250.000 Teilen erzählt vom Leben in der Stadt über die Jahrhunderte. Sogar Tierknochen oder Pflanzenreste können wichtige Hinweise geben.
Welche Abmessungen werden Archäologische Zone / Jüdisches Museum insgesamt haben?
Geplant ist ein etwa 8.500 m² großes Areal mit insgesamt ca. 1600 m² Ausstellungsfläche unter und über der Erdoberfläche.
Welche Funde und Gebäudeteile gehören dazu? Sind die heute zu sehenden Ausgrabungen etwa alles?
Nein, weit mehr wird zu sehen sein. Die frühere Synagoge, eine der ältesten ihrer Art nördlich der Alpen, und das rituelle Tauchbad, die sogenannte Mikwe, als Zentrum des jüdischen Viertels gehören dazu, aber auch die Häuser im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Goldschmiedeviertel, das Hospital, die römischen Thermen, die Keller der Armenverwaltung aus der Zeit um 1891 und auch das Praetorium und der Porticus unter dem Rathaus werden Teil des geplanten Museums sein.
Welche Bedeutung haben Archäologische Zone / Jüdisches Museum im kulturellen Leben der Stadt Köln und in der Kölner Museumslandschaft?
Der Komplex Archäologische Zone / Jüdisches Museum ist einzigartig in Europa. Die Bedeutung des Museumsareals reicht weit über die Stadtgrenzen hinaus und wird von internationalen Forschern bestätigt. Die neue Museumslandschaft gibt einen faszinierenden Einblick in 2.000 Jahre kölnisches und jüdisches Leben und stellt ein wichtiges Bindeglied zu den anderen stadtund kulturgeschichtlichen Museen in Köln dar – vom Römisch-Germanischen Museum bis zum Stadtmuseum.
Wie wird der wissenschaftliche Stellenwert des Projekts Archäologische Zone / Jüdisches Museum international bewertet?
Zur Vorbereitung des Baus der Archäologischen Zone / Jüdisches Museum war es nötig, eine Stadtkerngrabung nach den aktuellen wissenschaftlichen Standards für Ausgrabung und Dokumentation durchzuführen, das heißt:
• Alle Befunde werden eingehend beschrieben und zeichnerisch und fotografisch dokumentiert und vermessen.
• Alle Erdschichten werden nach kleinsten Funden gesiebt oder geschlämmt.
• Man hat Zeit, sich mit den Gegenständen auseinanderzusetzen, und diese Tatsache spiegelt sich in der Fülle neuer Erkenntnisse und in der Vielzahl zum Teil einmaliger Funde
Handelt es sich bei der Archäologischen Zone / Jüdisches Museum um ein Projekt, das erst jetzt aufgelegt wurde, oder gibt es die Planungen bereits länger?
Die ersten Überlegungen dazu stellte schon Otto Doppelfeld an, als er 1953 das Praetorium und 1957 die Synagoge ausgrub und gerne eine Verbindung zwischen den beiden Fundstätten hergestellt hätte. Er wusste ja, dass in dem nicht ausgegrabenen Teil dazwischen auf jeden Fall der südliche Teil des Statthalterpalastes liegen musste. (Dies hat sich durch die neue Grabungsfläche nördlich der Laube bestätigt!) 1969 fanden dann erneut Ausgrabungen auf dem Rathausplatz statt. Man legte die große römische Apsis frei und schuf unter dem Platz einen Raum, in dem die Fundamente der Apsis, eine römische Bogenstellung (Porticus), die Reste des jüdischen Hospitals und weiterer Bauten zu sehen waren. Das ist der Raum unter dem Historischen Rathaus, den wir jetzt „Porticus“ nennen. Wieder plante man eine durchgehende Verbindung der archäologischen Stätten, wieder scheiterte das Vorhaben an der Finanzierung. Weitere Planungen wurden vom damaligen Amt für Archäologische Bodendenkmalpflege und dann vom Römisch-Germanischen Museum erstellt, aber erst 2005 mit der Bewerbung als Projekt der „Regionale 2010“ kam man der Verwirklichung näher. 2007 brach der damalige Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) als Startzeichen den ersten Stein aus der vermauerten Tür vom Porticus zum Rathaus heraus.
Wann wurde das Projekt beschlossen?
Bei der Archäologischen Zone / Jüdisches Museum handelt es sich nicht um ein „neues“ Projekt der heutigen Ratsmehrheit; die Planungen sind bereits früher angegangen worden: Ein erster Planungsbeschluss erfolgte 2006. Die Realisierung des Projekts Archäologische Zone, bei dem die Ausgrabungen im Praetorium mit den Ausgrabungen auf dem Rathausplatz zu einer Museumslandschaft verbunden werden sollten, wird in Köln schon seit 1956 immer wieder diskutiert, konnte aber erst, nach mehreren Anläufen, über die „Regionale 2010“ und mit Klärung der Finanzierung begonnen werden. Im Rahmen eines internationalen Kolloquiums zur Auslobung eines Architektenwettbewerbs wurde sehr schnell klar, dass die Errichtung nötiger Schutzbauten für diese Funde höchst anspruchsvoll ist. Ein „Glasdeckel“, durch den die Archäologie betrachtet werden kann, reicht nicht aus – diese Erfahrung hatte man bereits mit der Pyramide über der Mikwe (dem rituellen Tauchbad) gemacht. Ein Gebäude sollte die Funde absichern; hiermit war auch die Idee des Museums geboren. Der Kölner Rat hat dann in insgesamt fünf Schritten (2006, 2008, 2009, 2010 und im umfassenden Baubeschluss vom Juli 2011) den Bau beschlossen.
Wann und wie kam das Jüdische Museum hinzu?
Der Rat der Stadt Köln hat bereits am 29. Februar 2000 einstimmig den Beschluss zu einer Untersuchung der möglichen Standorte für ein „Haus und Museum der Jüdischen Kultur“ in Köln gefasst. Für SPD, Grüne und FDP hatte der Standort des Museums am authentischen Platz des historischen Judenviertels zwischen Rathaus, der Bebauung An Farina und dem Neubau des Wallraf-Richartz-Museums (WRM) erste Priorität. Der CDU-Vorschlag einer Bebauung auf dem Gelände „Kaufhaus Kutz“ war nicht mehrheitsfähig, weil das Gelände für die Erweiterung des WRM gebraucht wird und die Ausgrabungen nicht integrieren würde. Am 18. Mai 2006 hat der Rat der Stadt Köln mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP und den Linken beschlossen, dass ein „Haus der Jüdischen Kultur“ im Zusammenhang mit der Archäologischen Zone errichtet werden soll und der Rathausvorplatz der einzig mögliche Standort ist. Eine öffentliche Debatte wegen der besonderen Bedeutung der Standortfrage fand in der Bürgerschaft und Presse (einschließlich Umfrage) bis 2010 auf breiter Basis statt.
Was war das Ergebnis des Architektenwettbewerbs?
Das Bauvorhaben ist als wesentlicher Baustein der Kulturmeile zwischen Dom im Norden und St. Maria im Kapitol im Süden zu sehen. Das Museum bildet eine Raumkante, die den Rathausplatz in seinem historischen Maßstab wiederherstellt. Das Museum ist die schützende Überbauung der Archäologischen Zone und bildet diese im Stadtraum ab. Der geplante Bau wird zu 95 Prozent barrierefrei zugänglich (nur an einigen besonders engen Stellen in der Ausgrabung ist das nicht möglich). Das Abstimmungsergebnis in der Preisjury fiel in diesem Wettbewerb einmütig aus; es gab zum Siegerentwurf nur eine einzige Gegenstimme. Gewonnen hat das Saarbrücker Architekturbüro Wandel Lorch.
Wird der Platz vor dem Rathaus durch die Archäologische Zone / Jüdisches Museum völlig überbaut? Wie sehen die Planungen genau aus?
Nein, der Platz wird nicht vollständig bebaut. Das neue Museum wird sich an die Platzabmessungen und Baukonturen halten, wie sie an dieser Stelle seit der Mitte des 14. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg bestanden haben. Ein Teil der Rathausplatzfläche (südlich der Mikwe, des jüdischen Tauchbads) wird als Platzfläche neu gestaltet. Die Straße Obenmarspforten wird zum Wallraf-Richartz-Museum in diese Fläche integriert, so dass zwischen beiden Museen eine durchgängige, größere Platzfläche entstehen wird. Auch die Fläche zwischen dem Historischen Rathaus und dem Spanischen Bau bleibt frei. Der neue Bau soll einen städtebaulichen Akzent setzen und die Lücke, die durch den Zweiten Weltkrieg entstanden ist, zum Teil ausfüllen. Die Renaissance-Laube des Historischen Rathauses wird dabei weiter gut sichtbar bleiben.
Was ist das Konzept für die inhaltliche Gestaltung von Archäologischer Zone / Jüdisches Museum?
Das Ausstellungskonzept und die inhaltliche Gestaltung des Museums liegt in den Händen des zukünftigen Betreibers des Hauses, dem Landschaftsverband Rheinland (LVR).